Briefe und Berichte von Gefangenen

Von Erwin

Jesus Christus: Ich bin die Brücke zum Leben.
Jesus Christus: Ich bin die Brücke zum Leben.

Ich dachte, ich hätte selbst genug Kraft, mit dem Spielen aufzuhören

Erlebnisbericht
Wieder einmal ist es Freitag Abend hier im Stammheimer Gefängnis. Wir sind in unserer Jesusgruppe und ich möchte Euch alle persönlich begrüßen. Ich bin froh, daß ich diese Gelegenheit heute bekommen habe, einmal aus tiefstem Herzen meinen Bericht über Gottes Wirken in meinem Leben zu geben.

Die letzten Jahre waren wie ein schlechter Traum
Wenn ich so über mein Leben nachdenke, kommt mir alles, was ich in den letzten Jahren erlebt habe wie ein schlechter Traum vor. Eine Zelle in einem Gefängnis ist für mich "Zuhause" geworden. Trotzdem hat meine jetzige Situation mir das zurückgegeben, was ich mir eigentlich immer wünschte, Frieden und Freude.
Ich bin wie ein Blinder durchs Leben gegangen
Wenn ich heute zu mir selbst ehrlich bin, dann muß ich sagen, daß ich mir meiner Schuld lange nicht bewußt war. Vielmehr habe ich für meine Probleme immer andere verantwortlich gemacht. Ich bin damals wie ein Blinder durch mein Leben gegangen. Es war ein sehr langer Weg, den ich bis heute gehen mußte um hier am Ende der Finsternis in einem Gefängnis die Wahrheit über mich selbst und mein verpfuschtes Leben herauszufinden um am Ende mit Gott zusammen endlich wieder frei zu sein.

Ich dachte alles im Leben kann man mit Geld kaufen
Früher war ich immer derjenige der vollbehängt mit Glitzer unbedingt im Fordergrund stehen wollte. Auf der Jagd nach Geld und Erfolg, ohne jegliche Rücksicht auf andere Menschen, bin ich durch das Leben gelaufen.
Ich dachte immer, daß ich mir im Leben alles mit meinem Geld erkaufen kann , und daß nur gerade der Moment zählt und sonst nichts anderes. Ich hatte auf meiner blinden Reise durch mein damaliges Leben selbst keine Zeit gehabt. Die Menschen um mich herum habe ich immer sehr schnell vergessen. Nach Deutschland kam ich nur mit dem Gedanken schnell reich zu werden.

Ich verspielte alles....
Als ich dann endlich, nach zehn Jahren, in meiner Jagd nach Erfolg und Geld ziehmlich alles erreicht hatte, ging ich aus Übermut und Langeweile bei einer Spielbank vorbei . Aus heiterem Himmel fing ich damals an Rollett zu spielen und hatte bald die ganze Welt um mich vergessen. Ich verspielte alles, was ich mir in den 10 Jahren ohne Rücksicht auf Verluste erspart und aufgebaut habe. Mehr und mehr spürte ich, wie mich diese Verführung in seinen Bann zog.

Es gab für mich nur eines; spielen, spielen,spielen
Nach einiger Zeit konnte ich ohne eine Spielbank und ohne das Rollettspiel nicht mehr leben. An richtiges Essen oder Schlafen war nicht mehr zu denken. Wie verwandelt und besessen verspielte ich mein ganzes Eigentum. Vergessen waren die gesteckten Ziele und Vorsätze. Es zählte nur noch eins, spielen, spielen, spielen.

Der Ausweg?! Einbrüche
Als ich dann nicht mehr wußte wie ich die immer weiter ansteigenden Schulden bezahlen sollte vertraute ich mich einem Bekannten an. Seine Lösung war durch Einbrüche meine Sucht zu finanzieren.
So bin ich bald mit ihm zum ersten Mal in meinem Leben zu einem Diebstahl nachts mitgegangen . Damit war mein Weg vorgezeichnet. Mittags in die Spielbank, Abends voller Verzweiflung, mit gemischten Gefühlen auf der Suche nach etwas Brauchbarem, irgendwo einzubrechen, damit ich wieder Geld zu Verspielen hatte. Das Spielen war mein Lebenssinn und Inhalt geworden.

Drei Jahre war dies mein Lebensrytmus; nachts einbrechen, nachmittags spielen
Aber ich war kein Mensch mehr. Da ich doch noch etwas aus meiner Erziehung und Intelligenz von früher behalten habe wußte ich, daß dies nicht so weiter gehen konnte und daß ich mich auf irgendeine Weise davon lösen mußte.
"Du warst doch dein ganzes Leben kein Schwächling und warst immer stark genug um alles selbst zu entscheiden und hast nur das gemacht, was du wolltest". Das waren immer meine Worte. Das alles sagte ich mir und dachte selbst genug Kraft zu besitzen um mit dem Spiel wieder aufzuhören. Wie naiv ich damals war.
So ging das über drei Jahre. Nachmittags führte mich mein Weg zur Spielbank,Nachts auf die Straße um irgendwo wieder einzubrechen. Ich machte damals fast sechs Millionen Schaden. Sechs Millionen an Gegenständen die ich irgendwo nachts geholt hatte um sie weit unter ihrem Wert zu verkaufen.
Mittags um drei Uhr stand ich bereit wieder vor der Spielbank um alles wieder zu verspielen. Es gab für mich kein Hindernis, keine Alarmanlage die ich nicht umgehen konnte und so dachte ich, daß ich der Größte bin.

Jeder gute Vorsatz nützte nichts mehr
Immer mehr plagte mich jedoch der Rest meines Gewissens über dem was ich hier machte, und auch darüber, daß ich damit überhaupt nicht aufhören konnte. Wie oft weinte ich wie ein kleiner Junge auf dem Weg von der Spielbank nach Hause und schwor mir, niemals wieder dorthin zurückzugehen. Jeder gute Vorsatz nutzte aber hier nichts mehr. Denn die Finsternis hatte mich voll in der Hand und wollte mich nicht mehr frei geben. Ohne Hilfe von einer guten Seite , das wußte ich, bin ich total verloren.

Das Ende?
Ich erinnere mich noch heute ganz genau, daß ich eines Nachmittags auf dem Parkplatz vor der Spielbank in Saarbrücken stand und total am Ende war. Ich hatte nicht einmal Geld um das Auto zu betanken. Ich war mit meiner Kraft absolut am Ende.

Vierzehn Jahre Gefängnis und doch frei!?
Nun sitze ich hier seit vielen Jahren in Stammheim im Gefängnis und denke über diese Zeit damals nach. Ich habe für mein verpfuschtes Leben vierzehn Jahre Strafe bekommen, und wenn ich hier heute zu ihnen spreche, weis ich ganz genau, wovon ich rede. Ich habe noch lange gebraucht die Wahrheit über mich herauszufinden.
In der Haft habe ich endlich das gefunden, was ich mein ganzes Leben, ohne es zu wissen, immer gesucht hatte. Erst hier bin ich wirklich frei geworden und dafür danke ich meinem Gott. Im Gefängnis habe ich zum ersten Mal in meinem Leben ein Bibel - durch einen Zufall - in die Hand bekommen und derjenige, der mir diese schenkte sagte: "Dies ist ein sehr altes Buch und alles was du dort findest das gilt heute noch so wie damals".

Ich las das Buch der Wahrheit
Ich las dieses Buch der Wahrheit und fand sehr viele Antworten auf meine Fragen und mein Leben. Ist das nicht eigenartig, dass ich im Gefängnis, nach 40 Jahren meines Lebens, in dem ich immer nur aus dem Vollen schöpfte, alles hatte und doch nichts für mich gut genug sein konnte, endlich zufrieden sein konnte? Erst an diesem tristen Ort, nach meinem ersten Schritt hin zu Gott, konnte ich spüren was mir wirklich hilft.
Ich habe hier nach meinem Suchen und Fragen sehr viel Hilfe bekommen. Es waren gerade solche Menschen, die in meiner Vergangenheit keinen Platz in meinem Leben hatten und denen ich niemals Beachtung schenkte. Ich sah sie nie, weil ich blind war. Als mir dann einer in der Jesu-Gruppe sagte, dass Gott tatsächlich Antwort auf meine Fragen gibt, und dass es nicht etwa eine Einbildung sei, da wußte ich, dass ich nicht mehr alleine bin und nun Gott selbst bei mir am Werk ist um mich zu verändern.

Lieber in den Knast, als so zu leben
Ich sprach damals auf dem Parkplatz unter vielen Tränen eine Bitte aus. Ich habe zum ersten Mal wirklich aus vollem Herzen und Hoffnung zu Gott gebetet und ihm gesagt, "Du weist, daß ich selbst keine Kraft habe mit meiner Spielsucht aufzuhören. und daß ich ganz am Ende bin. Bitte, wenn du mich hörst, hilf mir aus meiner Not heraus. Ich möchte so nicht mehr weiterleben. Wenn du mir verzeihen kannst, hilf mir, egal, was mit mir passiert".
In diesem Moment ist mir wie ein Blitz der Gedanke gekommen, dass es doch alles beendet wäre, wenn man mich vielleicht nachts irgendwo bei einem Einbruch erwischen würde. Lieber in den Knast gehen, sagte ich mir damals auf diesem Parkplatz.

Das Gespräch mit Gott hatte ich schon lange vergessen
Als ich danach 14 Tage später von der Polizei verhaftet wurde konnte ich dies selbst nicht begreifen. Die Polizei hat damals überhaupt nichts von meinen Diebestouren gewußt. Dieses Gespräch mit Gott auf dem Parkplatz hatte ich schon lange vergessen und dachte nicht, daß es gerade dieses Gebet war, das Gott veranlasste in meine Situation einzugreifen.
Ich war 8 Monate in Untersuchungshaft und als ich aus Mangel an Beweisen entlassen wurde nahm ich mir vor, ein anderes Leben zu führen. Dieser Vorsatz hielt gerade so lange bis ich feststellte, daß meine Verlobte einen Anderen hatte. Alles was ich mir in den acht Monaten vorgenommen hatte, war auf einmal wieder weg. Aus Selbstmitleid und Wut auf den Rest der Welt fing ich wieder an mein altes Leben zu führen.

Es war das erste mal, dass ein mir fremder Mensch für mich beten wollte
Nun sitze ich schon lange in Stammheim und habe sehr viel Tiefen, aber auch Höhen erlebt. Seit einiger Zeit gehe ich in die Jesus-Gruppe. Als mir einer der Gruppenleiter sagte, daß er für mich beten möchte, da habe ich mich geschämt. Ich weinte an diesem Abend auf meiner Zelle über mein Leben und mein falsches Verhalten.
Dies war nämlich das erste Mal, daß ein absolut fremder Mensch für mich von ganzem Herzen beten wollte.

So etwas kann nur mit Gottes Hilfe geschehen!
Seit längerer Zeit bin ich nun jeden Freitag in der Jesus-Gruppe und empfange viel Freude und Kraft für die ganze Woche. Ich danke deshalb meinem Gott für seine enorme Liebe und Hilfe, die er mir auf diesem Wege gibt.
Ich danke auch den Menschen, die hier ihre Freizeit für uns opfern und Hoffnung und Licht in diese Finsternis bringen. Ich danke Euch, der ganzen Gemeinde die ihr vielleicht auch heute Abend für uns betet. Ich selbst habe erlebt wie sogar ein zu lebenslanger Freiheitsstrafe verurteilter Gefangener am Freitag abend in dieser Jesus-Gruppe gestrahlt und gesungen hat und ein ganz anderer Mensch geworden ist.
Dies alles kann nur mit Gottes Hilfe geschehen. Ich danke deshalb von ganzem Herzen jedem Einzelnen von Euch und hoffe, daß auch ich irgendwann in meinem Leben diese Kraft und Liebe einem Anderen geben kann. Ich weis, daß ich meine Vergangenheit nicht mehr ungeschehen machen kann. Ich weis aber, daß ich mein Leben voll in Gottes Hände gelegt habe und daß er mir ein neues Leben gab. Ein neues Leben an Seiner Seite und dafür bin ich ihm sehr dankbar. Ich in der glücklichste Mensch hier in diesem Gefängnis.